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+++ NEWS +++ AKTUELLES +++ Arbeit auf Abruf: 20 Wochenstunden gelten als vereinbart +++ 28.11.23 +++

Arbeit auf Abruf: 20 Wochenstunden geltend als vereinbart! Das gilt jedenfalls dann, wenn keine andere arbeitsvertragliche Regelung getroffen ist. Genau diese Wochenstundenzahl legt das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) in seinem § 12 Abs. 1 Satz 3 fest. Hiervon kann abgewichen werden - allerdings nur dann, wenn die gesetzliche Regelung im konkreten Einzelfall nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte aufzeigen, dass eine andere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Vertragsschluss gewollt war.

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04.08.2016 12:12 Alter: 8 yrs
Von: Kirsten Weigmann

Kündigung wegen Wiederverheiratung zulässig?


Das Eigenorganisationsrecht der kirchlichen Gemeinschaften ist in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert gesetzlich geschützt. Noch immer gilt in Verbindung mit Artikel 140 GG (Grundgesetz) Artikel 137 WRV (Weimarer Reichsverfassung), wonach kirchliche Gemeinschaften sich selbst organisieren dürfen. Dies führt u.a. dazu, dass in kirchlichen Einrichtungen Mitarbeiter anders behandelt werden, als dies außerhalb von kirchlichen Einrichtungen rechtlich möglich ist. So ist z.B. in der vom Erzbischof zu Köln erlassenen Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse (GrO 1993) die Wiederverheiratung katholischer Mitarbeiter als Kündigungsgrund festgelegt. Diese Regelung wird nun nach einer Vorlage des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) überprüft.

Folgender Fall liegt der Überprüfung zugrunde: Der katholische Kläger schloss im Jahr 2000 einen Chefarztvertrag mit der Beklagten, die als Trägerin mehrerer Krankenhäuser institutionell mit der römisch-katholischen Kirche verbunden ist. Im Dienstvertrag vereinbarten die Parteien die Geltung der GrO 1993. Hiernach kann katholischen Angestellten gekündigt werden, wenn diese nach einer Scheidung erneut heiraten. Für evangelische Angestellte sieht die GrO 1993 diese Sanktion nicht vor.

Nach Wiederverheiratung des Klägers kündigte die Beklagte - hiergegen hatte der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. In sämtlichen arbeitsgerichtlichen Instanzen blieb die Kündigungsschutzklage unter Hinweis auf das Selbstorganisationsrecht, welches auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz noch einmal als Ausnahme von der üblichen Gleichbehandlung festgelegt ist, erfolglos.

Das anschließend angerufene Bundesverfassungsgericht verwies den Rechtsstreit an das Bundesarbeitsgericht (BAG) zurück, welches die Entscheidung aussetzte.

Das BAG hat dem Europäischen Gerichtshof folgende Fragen gestellt:

  1. Ist Art. 4 Abs. 2 Unterabschnitt 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (RL 2000/78/EG) dahin auszulegen, dass die Kirche für eine Organisation wie die Beklagte des vorliegenden Rechtsstreits verbindlich bestimmen kann, bei einem an Arbeitnehmer in leitender Stellung gerichteten Verlangen nach loyalem und aufrichtigem Verhalten zwischen Arbeitnehmern zu unterscheiden, die der Kirche angehören, und solchen, die einer anderen oder keiner Kirche angehören?
  2. Sofern die erste Frage verneint wird: a) Muss eine Bestimmung des nationalen Rechts, wie hier § 9 Abs. 2 AGG, wonach eine solche Ungleichbehandlung aufgrund der Konfessionszugehörigkeit der Arbeitnehmer entsprechend dem jeweiligen Selbstverständnis der Kirche gerechtfertigt ist, im vorliegenden Rechtsstreit unangewendet bleiben? b) Welche Anforderungen gelten gemäß Art. 4 Abs. 2 Unterabschnitt 2 der RL 2000/78/EG für ein an die Arbeitnehmer einer Kirche oder einer der dort genannten anderen Organisationen gerichtetes Verlangen nach einem loyalen und aufrichtigen Verhalten im Sinne des Ethos der Organisation?

Bereits die Fragestellung deutet an, dass das Bundesarbeitsgericht der Auffassung scheint, dass hier eine Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Ich werde über den Ausgang des Verfahrens berichten.

Beschluss des BAG vom 28.07.2016, 2 AZR 746/14 (A)

Quelle: Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 39/16

©Kirsten Weigmann